In richtigen Bahnen

Im Stahlhandel mit seinen ganz eigenen Gesetzen sind logistische Abläufe wie Wareneingangskontrolle und Entladungen im Hinblick auf Zeitbedarf und Zeitpunkt häufig nicht exakt zu planen. Die Klöckner Stahl- und Metallhandel GmbH hat dieses Problem mit der Einführung des Zeitfenstermanagementsystems von Cargoclix behoben. Das Planungstool ermöglicht eine wesentlich größere Verlässlichkeit bei den mit dem Einkauf verbundenen Arbeitsabläufen.

Was wiegt schwerer: eine Tonne Stahl oder eine Tonne Daunenfedern? Einfache Frage, aber der Reflex ist in den meisten Fällen klar: Daune ist federleicht, die Tonne Stahlblech muss zwangsläufig mehr auf die Waage bringen. So tickt das menschliche Gehirn: erst wird geschaut, was drin ist, danach logisch gerechnet.

Natürlich weiß man bei der Klöckner Stahl- und Metallhandel GmbH einer Tochtergesellschaft des größten produzentenunabhängigen Stahl- und Metalldistributors und eines der führenden Stahl-Service-Center-Unternehmen in Europa und Amerika, sehr genau, wie das Gewicht einer Tonne Stahl zu bewerten ist. Und trotzdem gab es beim Wareneingang die eine oder andere Überraschung: „Wir wussten tatsächlich oft nicht, was der LKW, der bei uns vorfuhr, geladen hatte“, sagt Logistikleiter Stefan Kroos. „Langprodukte, Edelstahl, Blech, Alu – im Stahlhandel wird alles per Kran und in einzelnen Hallen, die hintereinander geschaltet sind, entladen: Alu in der einen, Blech in der anderen“. Wenn drei LKW, voll beladen mit Aluminium vor der Tür warten, die Hallen aber schon belegt sind, könne man nicht einfach hin- und her tauschen, erklärt er. „Das Equipment begrenzt die Entladekapazität“.

Handel mit Stahl ist ein ganz eigenes Geschäft. Es ist schwer im tatsächlichen Gewichtssinn und für den Händler schwer in der Planung. Die Anlieferungen von den Stahlproduzenten in Russland, Italien, Polen, der Ukraine an die vierzehn Standorte der Klöckner Stahl- und Metallhandel GmbH in Deutschland erfolgen im Hinblick auf Mengen und Zeitpunkt nicht immer planbar. „Und dann kamen die LKW, mal 15 oder mal 25“, sagt Kroos, „nicht auf den Tag genau, sondern kalenderwochenweise, so genau kann man das mit einem großen Stahlwerk nicht vereinbaren“. Just in time-Lieferungen sind das nicht.

Der Spediteur wird zum Puffer

Da kann es nicht schaden, auf andere Branchen zu schauen. Etwa auf die Lebensmittelindustrie, vor allem aber auf die schlanken und schnellen Abläufe in Automobilproduktion und -handel. Wie nähert man sich dem an, wie schafft man es, die für eine Woche geplanten Lkw zumindest auf Tage zu verteilen, im besten Fall noch nach Produktgruppen? Da macht es nicht einfacher, dass es für die Produzenten unerheblich ist, ob und welche Zeitfenster existieren, die Charge wird produziert, und im Anschluss fungiert der Spediteur als Puffer. „Die Produzenten wälzen die Verantwortung also letztlich auf die Dienstleister ab, die deren Produktion entsorgen“, weiß Kroos, „und diesen Dienstleistern wollten wir eine günstigere Entladezeit und eine bessere Durchlaufzeit ermöglichen“.

Mit diesem Ziel startete der Klöckner-Standort Osnabrück mit der Einführung des Cargoclix Zeitfenstermanagements „TimeSlot“ – ein Pilotversuch, der nach viermonatiger Laufzeit 2012 deutschlandweit ausgerollt wurde. „Wir hatten die Hoffnung, dass wir über ein modernes Medium und eine onlinebasierte Plattform auch Externen Zugang verschaffen können“, so Jürgen Fischer, Betriebsleiter in Osnabrück. Eine Hoffnung, die sich erfüllte. Heute nutzen rund 70 Prozent der Lieferanten die Cargoclix-Plattform. Dieser hohe Prozentsatz bewirkt ein deutliches Plus an Verlässlichkeit, intern wie extern. „Als ich hier angefangen habe, da kamen die Lkw, konnten entladen werden oder mussten warten, bis die Entladung möglich war. Dann haben wir die Lieferanten zumindest dazu gebracht, sich per Fax oder telefonisch anzumelden und konnten so die Entladevorgänge besser steuern“.

Der Dienstleister meldet sich heute kostenlos in dem System an, gibt durch, wann und was er für welchen Standort laden will. „Das ist der Idealfall“, sagt Fischer, „da können wir reagieren und frühzeitig Rückmeldung geben, ob wir noch weitere zehn Tonnen Drei-Millimeter-Bleche brauchen oder ob diese an einem anderen Standort benötigt werden“. Ist alles abgestimmt, bucht sich der Lieferant ein, (Kosten: 50 Cent) allerdings nicht auf eine Kranbahn, sondern auf einen Parkplatz. Das ist der entscheidende Zwischenschritt, den Cargoclix mit Klöckner entwickelt und eingezogen hat: Weil der Lieferant nicht weiß, welcher Kran in welcher Halle welchen Stahl hebt, wird er zwischengeparkt. „Der Lieferant würde sonst immer die Bahn blocken, die zu seinem Wunschtermin frei ist – ohne zu wissen, welches Material wir dort verarbeiten“.

Also heißt es erst einmal, wie auf dem Amt: „Nummer ziehen“. Klöckner gleicht dann ab, verplant die entsprechende Kranbahn, versendet ein Avis und kann entsprechend disponieren. Im Extremfall, wenn alle Hallen belegt sind, muss der Termin verschoben werden.

Disziplin, die Verlässlichkeit schafft

Mit dieser Vorgehensweise erreicht man eine weitestgehend gleichmäßige Auslastung in der Be- und Entladung. Das diszipliniert, auch wenn nicht alle Lieferanten mit dem neuen System arbeiten. „Aber die, die es machen, die wissen: da habe ich eine Verlässlichkeit, da werde ich bevorzugt behandelt, fahre in die Halle und bin in einer einschätzbaren Zeit wieder raus“, so Fischer.

Natürlich gibt immer wieder einmal Lieferanten, die das System nicht nutzen oder es gar als unliebsame Vorschrift seitens des Händlers ansehen. Das muss man einkalkulieren, und die Ressentiments legen sich spätestens, wenn man die positiven Effekte am eigenen Leib spüre. Und fest steht: Je höher der Anteil an Lieferanten, die das System nutzen, planen und einigermaßen pünktlich liefern, desto planbarer werden auch die Übrigen.

Mit der Einführung des Systems setzt Klöckner einen Rahmen, in dem sich die Lieferanten bewegen können. Im Umkehrschluss erhält das Unternehmen jedoch die Flexibilität, auch mit den Lieferanten effizient und erfolgreich Geschäfte machen zu können, die sich nicht in dem vorgegebenen Rahmen bewegen. Zusätzlich bekommt der Konzern neben einem Zeitfenstermanagement samt Auslastungs- und Eingangsübersicht weitere Kontroll- und Steuerungsinstrumente an die Hand. Neben einer effizienteren Personalplanung für die Hallen hat TimeSlot durchaus auch disziplinierende Effekte zum Beispiel im Hinblick auf Lieferpünktlichkeit.

Projekt:
In richtigen Bahnen

Kunde:
Klöckner & Co